Die Bucht von Gibraltar muss zu Zeiten der Neandertaler ein Paradies gewesen sein. Die letzten haben bis zu ihrem Aussterben vor etwa 30.000 Jahren in der Höhle von Gorham gelebt, in der außerdem Reste von Delfinen und Mönchsrobben gefunden wurden, die den Bewohnern als Speise gedient haben. Die Delfine sind noch dort, wenngleich in ungleich geringerer Anzahl, die Robben sind seit mindestens einem Jahrhundert verschwunden. Die letzten Mönchsrobben im Mittelmeer sind bei Griechenland und der Türkei zu finden, die größte Kolonie hat in Höhlen an der Atlantischen Steilküste Mauretaniens ihren letzten Rückzugsort gefunden.

Es waren außer der 7 Wal- und Delfinarten, die wir heute noch beobachten, Blauwale, Buckelwale, Grauwale und Nordkaper in der Straße von Gibraltar, sie schwammen in die Bucht, um sich von Krillschwärmen zu ernähren, sogar Meeressäuger fressende Orcas werden vermutet, die die Kälbern der Grauwale angriffen. Das legen Funde in römischen Siedlungen entlang der Andalusischen Küste nahe, in denen Knochen von Grauwalen und Nordkapern gefunden wurden, die von den Römern gejagt wurden.

Die Bucht von Gibraltar war zu Zeiten unserer letzten lebenden Verwandten größtenteils ein Feuchtgebiet, weil der Meerspiegel wegen des auf dem Festland gebundenen Eiszeit-Eises hundert Meter tiefer lag. Man stelle sich die Zugvogelschwärme vor, die damals nach ihrer Rast in den Sümpfen der Bucht beim Auffliegen den Himmel verdunkelten.

*Foto1:Höhle von Gorham während der letzten Eiszeit. Unsere letzten Verwandten. Höhle von Gorham heute.

 

Homo Sapiens hat bekanntlich seine Cousins verdrängt, nachdem er sich mit ihnen vermischt hat (5% des Neandertaler-Genoms sind in unserem Genpool erhalten) und mit seinem zunehmenden Erfolg kamen die Probleme für die Bucht. Die erste Hochkultur im Süden der Iberischen Halbinsel waren die Tartessier, ihr Kulturzentrum wird im Nationalpark Doñana verortet, in den Sumpfgebieten wurden einige ihrer Tempel gefunden, die sie vorm verlassen behutsam versiegelt hatten. Die Kultur verschwand im Jahr 500 AD plötzlich von der Bildfläche, wahrscheinlich als sie ihre griechischen Alliierten verlor, die den Phöniziern in der Schlacht von Alalia (Korsika) unterlagen. Tartessos wird sogar mit Atlantis in Verbindung gebracht. Tatsächlich wurden vor Sancti Petri Steinanker aus der Bronzezeit gefunden, an einer Stelle, die als mögliche Wartezone für Schiffe gilt, die in den Hafen von Atlantis wollten („El Resurgir de la Atlántida“ von James Cameron, bei Youtube).

Mettallarbeiten aus Tartessos

Danach haben Phönizier und Römer ihre Spuren in Andalusien hinterlassen, mit archäologischen Stätten auch in der Bucht von Gibraltar (Carteia). Somit war die Bucht lange Zeit ein vielfältiger Lebensraum für Mensch und Tier und wäre ein idealer Ort gewesen, um Industrie, Umwelt, Tourismus und Geschichte auf nachhaltige Weise miteinander zu Verknüpfen. Stattdessen blicken wir heute auf eine Stadt wie Algeciras, die keinen Zugang zum Meer hat, weil die Küste unter einem Hafen begraben wurde. Das Wasser stinkt und ist trübe geworden, die letzten Delfine werden von Sportfischern regelrecht angegriffen. In Ballasttanks von Containerschiffen eingeschleppte Algen aus Japan führen jeden Sommer zu einer Algenblüte, die die Steilküste zwischen der Bucht und Tarifa teilweise zur Todeszone macht und sich nach Norden an der Atlantikküste Andalusiens ausbreitet.

Algenpest vor Tarifa. Die Bucht von Gibraltar mit kläglichen Resten der ehemals ausgedehnten Feuchtgebiete.

Wenn die Bucht noch gerettet werden soll, muss bald gehandelt werden. Die Probleme sind allerdings so vielfältig, dass man nicht weiß wo man beginnen soll. Die Überfischung wäre das größte Übel, welches beseitigt werden müsste. Der Kollaps des Nahrungsnetzes der Bucht wird aber auch von anderen Faktoren beschleunigt, wie zum Beispiel den Ankern mit ihren Ketten, die 20 Tonnen wiegen und bis in 100 Metern Tiefe gelegt werden. Wenn der Wind dreht, zieht das Schiff die Ankerkette über den Grund und zerstört dabei die Lebensgemeinschaften auf dem Meeresboden.

Uns Wissenschaftler ist schmerzlich bewusst geworden, dass das von Forschern generierte Wissen eher selten von Entscheidungsträgern berücksichtigt wird, sonst hätten wir nicht die zunehmenden Umweltprobleme. Trotzdem macht die Wissenschaft weiter, denn ohne Dokumentation lässt sich noch weniger bewegen. firmm würde gerne Beweise sammeln, vor allem seit die Hafenbehörde von Algeciras (APBA) zwei neue Ankergebiete von jeweils 2768 Hektar eingerichtet hat.

Der Plan ist es beide Gebiete im zwei Jahres Rhythmus abwechselnd zu benutzen, damit sich der Meeresboden regenerieren kann. Die Zweifel an einer Erholung innerhalb einer solch kurzen Zeit sind angebracht. Daher wäre es wichtig und Interessant den derzeitigen Zustand des Meeresbodens zu filmen.

Neue Ankerplätze an der Costa del Sol

Foto: Beim Ankersetzen fährt das Schiff rückwärts, um ihn einzugraben.* Foto2: Seegraswiese mit Ankerstein.

In 100 Metern Tiefe lässt sich aber nicht gut tauchen, ein Tauchroboter wäre besser. Nun haben wir 5 in Frage kommende Unternehmen in der Gegend um Gibraltar angeschrieben und nur zwei haben geantwortet, dass sie keine Tauchroboter für solche Zwecke einsetzen. Wir wollen also diese Gelegenheit nutzen um unsere Leser um Hilfe zu bitten: falls sie eine Firma kennen, die in der Lage wäre, zwischen 40 und 100 Metern Tiefe den Meeresboden per Fernsteuerung zu filmen. Unser Vorschlag ist das Ankern ganz zu unterlassen, um stattdessen Betonblöcke (Ankersteine) zu versenken, die mit Bojen versehen den Schiffen zum fest machen dienen, wie es in manchen Meeresschutzgebieten bereits geschieht. Das ganze würde eine Stange Geld kosten. Aber so langsam sollten wir uns an den Gedanken gewöhnen, dass das Leben Teurer wird, wenn wir die Kosten für die Umwelt in unsere Wirtschaftsbilanzen mit einbeziehen!

Foto: Pixabay-Pentapfel

Text: Jörn Selling- www.firmm.org

*Foto1: Nicholls  *Foto 2: que es el scuba diving en español