Immer wieder gerät das bekannte Fischerei-Siegel MSC in die Kritik. Jetzt zeigt eine Studie des NABU-Dachverbandes Birdlife International gravierende Mängel beim Schutz streng geschützter Arten. Seit Jahren tobt ein Streit um die Nachhaltigkeit des weltweit bekanntesten Siegels für Fisch und Meeresfrüchte, Marine Stewardship Council – kurz MSC. Wissenschaftler und Naturschützer fordern dringende Reformen beim Schutz der Meeresumwelt, der Transparenz und Unabhängigkeit der Zertifizierung.

Jetzt untersuchte eine Studie des NABU-Dachverbandes Birdlife International MSC-zertifizierte Fischereien und analysierte, welche Anstrengungen tatsächlich unternommen werden, den Beifang seltener und streng geschützter Wale, Delfine, Seevögel und Meeresschildkröten zu verhindern. Das Ergebnis ist alarmierend: Nur drei der 23 untersuchten Fischereien wurden als gut bewertet; lediglich eine Fischerei konnte nachweisen, dass Beifangraten im Rahmen der MSC-Zertifizierung rückläufig sind.

Der Verhaltenskodex der Welternährungsorganisation FAO für eine verantwortungsvolle Fischerei von 1995 fordert, dass ungewollte Beifänge sogenannter „Nichtzielarten“, also zum Beispiel Vögel oder Meeressäugetiere, minimiert werden soll. Dem hat sich auch das MSC-Siegel verpflichtet, bisher leider mit wenig Erfolg. Der fischereiliche Beifang gilt dabei als häufigste menschgemachte Todesursache bei Walen, Delfinen und Seevögeln. In der Ostsee sind es vor allem Stellnetze, die Jahr für Jahr Zehntausende Opfer fordern.

Versäumnisse des MSC weltweit

Die BirdLife-Studie untersuchte 23 Fischereien in sechs Gruppen anhand eines Ampelsystems, darunter Stellnetz- und Langleinenfischereien im Nordatlantik, die Ringwadenfischerei auf Thunfisch, die Schleppnetzfischerei auf der Südhalbkugel, die gemischte Nordseefischerei und die Fischerei mit Fallen im Nordwestatlantik. Bewertet wurden die Datenverfügbarkeit, empfohlene Maßnahmen, deren Umsetzung und ihre Dokumentation. Grundlage der Studie waren vorrangig die Veröffentlichungen des MSC-eigenen Zertifizierungsprozesses. Im Ergebnis erhielten nur drei der untersuchten Fischereien eine gute Note, zwölf eine mittlere und acht eine schlechte Bewertung. Bei über der Hälfte der Fischereien existiert kein ausreichendes Monitoring der Beifänge durch Beobachter oder technische Überwachungssysteme. Zu wenig für den MSC-eigenen Anspruch eines Nachhaltigkeitssiegels!

Dringender Reformbedarf

Nur ein Jahr, nachdem sich die internationale Allianz Make Stewardship Count formiert hat, um strengere Standards bei der Vergabe des MSC-Siegels einzufordern, offenbart die Birdlife-Studie erneut den dringenden Reformbedarf. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Verbesserung der Daten- und Dokumentationsqualität, eine stärkere Konsistenz in der Überprüfung ungewollter Beifänge und insbesondere die Erarbeitung und Umsetzung effektiver Maßnahmen zur Vermeidung von Beifängen. Nur dann ist ein MSC-Produkt für Verbraucher wirklich eine gute Wahl. Die vollständige Birdlife-Studie (Englisch) und weitere Hintergrundinformationen finden Sie hier: http://www.birdlife.org/sites/default/files/msc_bycatch_review_summary_report_final.pdf

Quelle: NABU