Ende Oktober wurden im EU-Parlament die Ergebnisse der Wirtschaftsanalyse „Blue Speeds for shipping“, durchgeführt von CE Delft im Auftrag des IFAW (International Fund for Animal Welfare), vorgestellt.

Die Studie der Expert:innen für Umwelt- und Nachhaltigkeitsforschung ergab: Bereits eine geringfügige Geschwindigkeitsreduzierung für Handelsschiffe in den Gewässern der Europäischen Union könnte zu einem geschätzten sozioökonomischen Nutzen in Höhe von 3,4 bis 4,5 Milliarden Euro führen. Zudem würden sich der durch die Schifffahrt ausgelöste Unterwasserlärm, das Risiko von Schiffskollisionen mit Walen und der Ausstoß von Treibhausgasen verringern.

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„In den letzten Jahrzehnten sind sowohl der Unterwasserlärm als auch die Treibhausgas-emissionen der Schifffahrtsindustrie auf ein unhaltbares Niveau angestiegen.

Die Lärmbelastung unter Wasser schadet der Tierwelt, insbesondere Meeressäugern, aber auch Fischen oder Krebstieren. Außerdem kommt es immer wieder zu Kollisionen von Walen mit schnell fahrenden Schiffen, bei denen die Tiere getötet werden“, erklärt Andreas Dinkelmeyer, Kampagnenleiter des IFAW in Deutschland. „Diese Bedrohungen können allesamt durch eine verringerte Schiffsgeschwindigkeit, genannt Blue Speeds, signifikant reduziert werden. Zudem zeigt die neue Studie, dass bereits eine leichte Verlangsamung enorme wirtschaftliche Vorteile mit sich bringt. Somit profitieren alle Beteiligten von einer relativ kleinen Veränderung: die Seefahrtbranche genauso wie Mensch und Tiere.“

Eine EU-weite Begrenzung der Schiffsgeschwindigkeit auf 75 % der jeweiligen maximalen Konstruktionsgeschwindigkeit würde einen differenzierten Ansatz für alle Schiffskategorien ermöglichen, da diese in der Regel mit unterschiedlichen Durchschnittsgeschwindigkeiten fahren und für bestimmte Geschwindigkeitsfenster ausgelegt sind.

Aktuell fahren bereits 40 % aller Schiffskategorien mit maximal drei Viertel ihrer möglichen Geschwindigkeit – den Blue Speeds – in europäischen Gewässern. Insgesamt müsste die Durchschnittsgeschwindigkeit auf Flottenebene deshalb lediglich um 5 % gesenkt werden.

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„Eine solche vergleichsweise kleine Änderung für die Schifffahrtsindustrie hätte eine spürbar positive Auswirkung auf die Umwelt. Daher fordern wir die EU-Institutionen auf, politische Maßnahmen zur Einführung von Blue Speeds für Handelsschiffe zu ergreifen und EU-weit langsamere Schiffsgeschwindigkeiten als Bedingung für das Einlaufen in europäische Häfen einzuführen», fügt Dinkelmeyer hinzu. Auf www.bluespeeds.org können sich Interessierte dem Aufruf anschließen und die Petition des IFAW unterzeichnen.

Die Europaabgeordneten César Luena (S&D) und Jutta Paulus (Grüne) unterstützen als stellvertretender Vorsitzender und Mitglied des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit die Kampagne zum Schutz der biologischen Vielfalt im Meer des IFAW.

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César Luena: „Geregelte Schiffsgeschwindigkeiten sind ein gangbarer Weg, um die vielfältigen Bedrohungen für Meerestiere und ihren Lebensraum mit einer einzigen Lösung anzugehen. Die EU hat sich verpflichtet, einen guten Umweltzustand in ihren Gewässern zu erreichen. Dafür wäre diese Initiative ein guter und zeitgemäßer Beitrag.“

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Jutta Paulus: „Die Schifffahrt hat einen erheblichen Einfluss auf unsere Meere, ist aber auch für den weltweiten Warentransport von entscheidender Bedeutung. Solange wir keine globalen Regelungen haben, muss die EU eine Führungsrolle übernehmen und vorleben, wie Schiffsverkehr nachhaltiger werden kann.“

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Hintergrundinformationen:

Bei Blue Speeds geht es darum, das richtige Tempo zu finden. Dabei stellen die angestrebten

75 % der Konstruktionsgeschwindigkeit nur eine geringe Verlangsamung der Schiffsgeschwindigkeit im Vergleich zum derzeitigen Durchschnitt dar. Tatsächlich fährt fast die Hälfte der Schiffe bereits langsamer als Blue Speeds.

Zudem würde eine Geschwindigkeitsobergrenze gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Branche schaffen und einen Anreiz für den Schifffahrtssektor setzen, etwas langsamer zu fahren.

Eine kleine Änderung mit großer Wirkung: Wenn Schiffe weltweit nur um etwa 10 % langsamer fahren, vermindert sich die Lärmbelastung der Meere sofort um 40 %. Da Schiffslärm die gesamte Nahrungskette unter Wasser beeinflusst, wirkt sich eine Reduzierung positiv auf die Wal- und Delfinpopulationen, Fische und Fischerei sowie auf die Gesundheit des gesamten Ökosystems im Meer aus. Weitere Informationen: www.bluespeeds.org

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Quelle: IFAW – Internationaler Tierschutz-Fonds gGmbH