Manchmal frage ich mich, ob die Marketingabteilungen dieser Welt alle im selben Hinterzimmer sitzen. Früher wurden Marlboro-Cowboys in die Wüste geschickt, heute kommen Einweg-Vapes in Neonfarben auf den Markt. Herausgekommen ist kein Wellness-Gadget, sondern ein Süßigkeiten-Imitat, das aussieht wie Spielzeug, riecht wie Gummibärchen und trotzdem das tut, was die gute alte Zigarette immer tat: süchtig machen. Nur diesmal wird der Eindruck erweckt, es handle sich um ein harmloses Lifestyle-Accessoire.
Die Aromenwelt des Vapings ist ein offenes Experiment an der Jugend. Mango, Kirsche, Cola oder „Bubblegum Blast“ suggerieren Spaß und Unschuld – während zehn Züge am Vape schon das Fundament für Abhängigkeit legen können. Auf der Packung steht das natürlich nicht.
Wer in einem Vape-Shop oder Tankstellenregal steht, wähnt sich eher im Süßwarenladen. Pink, neonblau, giftgrün – dazu Namen wie „Cotton Candy“ oder „Blue Raspberry“. Wer glaubt, das sei für langjährige Raucher gedacht, lebt in einer anderen Realität. Die Zielgruppe ist klar: Jugendliche, die früh lernen, dass Inhalieren Spaß macht. Genau wie damals bei Menthol-Zigaretten – nur hübscher verpackt, instagram-tauglich und stinkfrei.
Dass das Konzept funktioniert, zeigen Zahlen aus Spanien. Eine Studie in Katalonien von Mai 2025 ergab: Über die Hälfte der Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren hat E-Zigaretten probiert, elf Prozent nutzen sie regelmäßig. Klassische Raucherzahlen gehen zurück, also baut man sich einen neuen Markt. Auch die nationale Erhebung „EDADES 2024“ zeigt: E-Zigaretten sind die am schnellsten wachsende Konsumform unter Jugendlichen. Big Tobacco züchtet Nachwuchs – diesmal mit Erdbeeraroma.
Die Politik? In Brüssel wird diskutiert, während draußen längst gedampft wird. Die Tabakproduktrichtlinie enthält Standards, aber Aromaverbote oder konsequentes Vorgehen gegen Einwegprodukte fehlen. Belgien hat 2025 Einweg-Vapes verboten, Frankreich zieht nach. In Spanien? Man redet noch. Währenddessen türmen sich die bunten Plastikteile auf den Straßen – ein Umweltproblem, das sich leicht lösen ließe.
Und noch ein Problem: Niemand weiß genau, was in den Liquids steckt. Viele Produkte stammen aus dubiosen Quellen – irgendwo in China produziert, etikettiert mit „Strawberry Ice – Premium Quality“. Was verdampft wird, bleibt unklar. Verbraucher machen den Selbstversuch mit Stoffen, die nie für die Lunge gedacht waren.
Unbekannte Langzeitfolgen verschärfen die Lage. Ja, weniger Teer als bei der Zigarette – doch andere Risiken. Aromastoffe wie Diacetyl können die Atemwege schädigen, beim Erhitzen entstehen toxische Substanzen.
Als ob das nicht gefährlich genug wäre, tauchen in Deutschland illegale Liquids auf, gestreckt mit synthetischen Drogen. Unter Namen wie „Görke“ oder „Baller-Liquid“ werden Flüssigkeiten verkauft, die Cannabinoide oder andere psychoaktive Substanzen enthalten. Sie schmecken nach Erdbeere, wirken aber wie ein Trip. Manche Konsumenten landen nach dem Vape-Zug im Krankenhaus. Dass so etwas unbemerkt zwischen „Cherry Ice“ und „Bubblegum“ liegt, zeigt: Der Markt ist unkontrollierbar.
Während Eltern glauben, ihre Kinder hätten bloß eine harmlose Mode entdeckt, wächst tatsächlich eine neue Generation von Süchtigen heran. Wer mit 14 sein erstes Erdbeer-Liquid probiert, wird mit 18 kaum noch ohne Nikotin leben wollen. Offiziell dürfen Jugendliche in der EU unter 18 Jahren weder kaufen noch dampfen. Die Realität sieht anders aus: Verkaufsstellen kontrollieren oft nur halbherzig, Onlinehandel erschwert die Durchsetzung. Genau das erklärt, warum so viele Teenager Zugang haben.
Was also tun? Aromatisierte Liquids verbieten. Strenge Transparenzpflichten einführen: Jeder Hersteller muss offenlegen, was drinsteckt und welche Emissionen beim Erhitzen entstehen. Einwegprodukte verbieten – gesundheitlich wie ökologisch eine Katastrophe. Illegale Liquids konsequent vom Markt nehmen. Und eine EU-weite Steuer, die Vapes nicht mehr als billig zugänglichen Spaßartikel erscheinen lässt.
Die Kids von heute haben’s leicht. Früher musste man sich auf der Schultoilette die Finger am Feuerzeug verbrennen, heute gibt es Mango-Wolken mit USB-Anschluss. Klingt witzig, ist es aber nicht. Hinter den süßen Wolken steckt bittere Realität: Abhängigkeit, Gesundheitsschäden und eine Industrie, die genau weiß, was sie tut.
Am Ende ist die E-Zigarette das trojanische Pferd einer Branche, die ihr Geschäftsmodell am Leben hält. Verpackung bunter, Aromen süßer – Kalkül dasselbe. Wenn Regierungen und Behörden nicht handeln, droht aus dem Trend „Dampfen statt Rauchen“ eine Gesundheitsfalle für eine ganze Generation – während die Industrie weiter süße Sucht im Einwegformat verkauft.