Eine vom IFAW (International Fund for Animal Welfare) veröffentlichter Bericht zeigt: In der Europäischen Union (EU) werden weiterhin erhebliche Mengen an Elfenbein illegal gehandelt – trotz der vor zwei Jahren verabschiedeten strengeren EU-Vorgaben für den Elfenbeinhandel.
Für den Report mit dem Titel „The Elephant in the Net: Research snapshot of the online ivory trade after the adoption of the new EU rules“ wurden Daten von Online-Marktplätzen aus Deutschland, Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Spanien, Italien und Portugal aus dem Jahr 2023 ausgewertet. Die Rechercheure identifizierten 1.330 Elfenbein- sowie mutmaßliche Elfenbeinartikel, die in über 831 Anzeigen auf 49 Online-Marktplätzen und Auktionshaus-Websites zum Verkauf angeboten wurden. Nur etwa 10 Prozent aller Anzeigen enthielten eine behördliche Bescheinigung oder einen anderen überprüfbaren Nachweis für die Legalität. Die Studie bezieht Elfenbein sowie sogenanntes mutmaßliches Elfenbein relevanter Arten wie Elefant, Flusspferd, Walross, Wal, Narwal und Dugong ein, wobei in einem Großteil der Anzeigen Elefantenelfenbein angeboten wurde.
„Angesichts dieser Ergebnisse und der strengen Ausnahmeregelungen, die den legalen Handel in der EU bei Vorlage einer behördlichen Verkaufsgenehmigung noch zulassen, ist es sehr wahrscheinlich, dass ein Großteil des erfassten Elfenbeins illegal im Internet zum Verkauf angeboten wird“, erklärt Robert Kless, IFAW Regionalvertreter Deutschland & Europa. „Die jüngsten EU-Vorgaben zum Elfenbeinhandel waren ein wichtiger Schritt nach vorn, aber unsere Studie offenbart die Schlupflöcher sowie eine schwache Umsetzung und Überwachung. Es sind zusätzliche und koordinierte Anstrengungen aller Beteiligten nötig, um sicherzustellen, dass die EU nicht zu den globalen Auswirkungen der Elefantenwilderei und des Elfenbeinhandels beiträgt.“
Im Dezember 2021 veröffentlichte die EU-Kommission überarbeitete Leitlinien und Änderungen der Verordnung (EG) Nr. 865/2006 aus dem Jahr 2017, die den Handel mit Elefantenelfenbein in den meisten Fällen ab Januar 2022 verbieten. Diese Vorgaben gelten für Elfenbein sowohl von afrikanischen als auch von asiatischen Elefantenpopulationen. Der kommerzielle Handel mit unbearbeitetem und verarbeitetem Elfenbein innerhalb der EU sowie die Einfuhr und Wiederausfuhr von verarbeiteten Elfenbeinartikeln ist demnach bis auf begrenzte Ausnahmefälle, die eine Prüfung und Bescheinigung oder Genehmigung der zuständigen Behörden erfordern, nicht mehr erlaubt. Das Manko: Die Mitgliedstaaten müssen sich selbst darum bemühen, die Vorgaben umzusetzen, da diese nicht rechtsverbindlich sind.
Welche Auswirkung eine Rechtverbindlichkeit hat, zeigt eine ähnliche Studie des IFAW in Großbritannien, in der die Menge an Elfenbein, die auf Online-Plattformen und in sozialen Medien im Vereinigten Königreich verkauft wurde, vor und nach Inkrafttreten des neuen britischen Elfenbeingesetzes untersucht wurde. „Die Ergebnisse aus Großbritannien deuten darauf hin, dass die dortigen rechtsverbindlichen Vorschriften eine positive Wirkung hatten. In der EU schaffen die Ausnahmen in den neuen Vorgaben und das Fehlen eines klaren und rechtsverbindlichen Verbots Schlupflöcher“, warnt Kless. „Wir fordern die Europäische Kommission und alle Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, sich zu einem speziellen Überwachungsmechanismus zu verpflichten, um die angemessene Umsetzung der EU-Leitlinien und -Rechtsvorschriften zu beobachten und zu bewerten, gleichzeitig Mängel zu beheben und die Durchsetzung sicherzustellen.“
Quelle: IFAW – Internationaler Tierschutz-Fonds gGmbH https://www.ifaw.org/de