Gerade hat man den Frühjahrsputz beendet, die eigenen vier Wände und die Terrasse erstrahlen inklusive der Fenster im brillanten Glanz, des Deutschen liebstes Kind, das Auto sieht innen sowie außen aus wie neu. Und dann kommt die beängstigende Nachricht über alle Kanäle und erschüttert die Putzenden bis ins Mark: „Calima kommt», die Laune sinkt bei vielen in den Keller, ähnlich wie wenn die ungeliebte Schwiegermutter für ein Vierteljahr zu Besuch kommt und sich überall breit macht. Ja, es ist schon ein Fluch, der Calima sowie der damit verbundene Staub ist gnadenlos. Er setzt sich überall ab und er ist eigentlich gekommen, um zu bleiben. Aus weiß getünchten Fassaden werden rotbraune. In der Wohnung hat er alles in Beschlag genommen, und vorbei ist es mit Glanz und Gloria. Das blitzeblanke Auto ist nicht mehr wiederzuerkennen. Im März dieses Jahres hatten wir noch einigermaßen Glück im Unglück; es war nicht so schlimm wie im Jahr 2022 mit dem Saharastaub. Im März 2022 war die Luftqualität in Spanien vorübergehend die schlechteste weltweit. Der Richtwert für Feinstaub mit einer Partikelgröße von maximal 10 Mikrometern, der in der EU bei einem Tagesmaximalwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter liegt, wurde in Teilen Spaniens um ein Vielfaches überschritten. Teilweise lagen die gemessenen Werte bei 1000 Mikrogramm pro Kubikmeter. Ab einer Konzentration von mehr als 100 Mikrogramm pro Kubikmeter kann der Wüstenstaub die Atemwege reizen und Allergiesymptome können sich verstärken. Auch die Augen können brennen. Allergiker haben dann oft mit einer zusätzlichen Belastung zu kämpfen. Wenn dieses Phänomen in hohen Konzentrationen auftritt, wird empfohlen, so wenig wie möglich nach draußen zu gehen und immer eine Maske zu tragen, um das Einatmen dieser Partikel zu vermeiden. Ebenfalls wird empfohlen, körperliche Aktivitäten im Freien zu vermeiden. Der Calima ist auch eine Mitfluggelegenheit für unerwünschte, besonders robuste Gäste. „Sie sind extrem stressresistent und haben dicke Zellwände“, sagen Forschende. Im März 1838 geriet der Seefahrer Robert James nahe der Kapverdischen Inseln in einen Wüstenwind. Geistesgegenwärtig hing er ein nasses Handtuch an den Mast. Den Staub rieb er ab und stopfte ihn in eine Schachtel und schickte ihn an Charles Darwin. 2010 analysierten Forschende aus Deutschland die Probe und identifizierten zwölf Pilzarten und 15 Bakterienarten, darunter eine, die Lebensmittelvergiftungen verursachen kann. Der Staub stammte aus der Sahara und reiste 4000 Kilometer, bevor er in James Handtuch landete. Die Keime überlebten Hitze, Höhenstrahlung und die Zeit im Archiv von Darwin. Die Vereinten Nationen haben das Problem der Sand- und Staubstürme ins Visier genommen. Dieser Staub in der Luft hat im vergangenen Jahrhundert um 25 bis 50 Prozent zugenommen, so eine UN-Analyse. Einer der Gründe sind Ackerbau und Brandrodungen. Er kann Asthma und Bronchitis verschlimmern, hat Sporen, Allergene, Bakterien und Pilze im Gepäck, warnte der ehemalige UN-Generalsekretär Ban Ki Moon 2016. Pro Jahr werden etwa eine Milliarde Tonnen Staub verblasen. Saharastaub spielt eine große Rolle für die Vegetation. Auch auf der Iberischen Halbinsel ist dieser Staub eine wichtige Nährstoffquelle. Spaniens Böden profitieren spürbar vom Calcium und Magnesium aus der Wüste. Außerdem begünstigt der Saharasand die Bildung von Regenwolken, weil sich an den Partikeln Wasserdampf sammelt. In der Karibik und in Südamerika sowie im Atlantik versorgen die aufgewirbelten Mineralstaubpartikel zum einen das Phytoplankton im Atlantischen Ozean, zum anderen auch die Böden der Regenwälder am Amazonas mit wichtigen Nährstoffen. Bis zu 40 Millionen Tonnen Saharastaub erreichen jährlich die Regenwälder des Amazonas. Die Böden der Urwälder sind nicht sehr fruchtbar, da die Humusschichten dünn sind. Deshalb ist diese atmosphärische Düngung für die Bäume und Pflanzen äußerst wichtig. Forschende vermuten, dass es den artenreichen Amazonasregenwald ohne die Mineralien aus der Sahara gar nicht geben würde.

Calima, Fluch und Segen, er brachte im März Andalusien den ersehnten Regen.