In vielen Ländern Europas breitet sich die Gesichtserkennung im öffentlichen Raum immer weiter aus. Im letzten Jahr wurde in mindestens 15 europäischen Ländern mit Technologien zur biometrischen Massenüberwachung, wie z.B. Gesichtserkennung, experimentiert. Der Zweck dieser Anwendungen ist es, Menschen zu beobachten, zu verfolgen, zu analysieren, ihr Verhalten zu bewerten und sie bei der Ausübung ihres Alltags zu beurteilen.

Verstärkt wird diese Situation durch die Zusammenarbeit vieler Regierungen mit verschwiegenen Tech-Firmen. Das Geschäftsmodell dieser Firmen ist es, frei öffentlich zugängliche Fotos im Internet zu sammeln und in einer Datenbank zusammenzufassen. Dabei greifen diese Firmen auf Fotos von Facebook, Instagram, YouTube und Co. zurück. Die dabei gesammelten Daten werden dann an Unternehmen und Behörden weiterverkauft. Die Firma „Clearview“  zum Beispiel  hat auf diese Weise eine Datenbank mit 3 Milliarden frei im Internet verfügbarer Fotos erstellt.

Das Geschäftsmodell dieser Firmen ist aus datenschutzrechtlicher Perspektive äußerst bedenklich. Die auf den Fotos gespeicherten Personen haben keine Einwilligung in die weitere Verarbeitung ihrer Fotos gegeben, als sie diese auf Social Media-Plattformen hochgeladen haben.

Diese Fotos und die damit verbundenen Informationen-Daten über die Person werden dann mit Aufnahmen, die Kameras im öffentlichen Raum machen, abgeglichen. Ob am Bahnhof, Flughafen oder in der U-Bahn, im Kaufhaus oder auf öffentlichen Veranstaltungen: Wir werden immer öfter gefilmt und fotografiert. Vielerorts erfassen Kameras Bilder, die in digitale Gesichtsprofile umgewandelt werden und so Auskunft über Geschlecht und ethnische Herkunft der Abgebildeten geben können. Damit lassen sich Straftäter ebenso identifizieren wie harmlose Bürger. Egal, wo auf der Welt ein Gesicht fotografiert wird, mit der richtigen Software lässt sich unter Umständen in Sekundenschnelle Name und Adresse der entsprechenden Person herausfinden.

Am siebten Januar diesen Jahres  hat die Europäische Kommission beschlossen, die EU- Bürgerinitiative „Zivilgesellschaftliche Initiative für ein Verbot biometrischer Massenüberwachung“ zu registrieren. Die Organisatoren der Bürgerinitiative fordern die Kommission auf, einen Rechtsakt vorzuschlagen, „um die wahllose und willkürliche Verwendung biometrischer Daten dauerhaft zu beenden“.

Nach Registrierung der Bürgerinitiative können nun die Organisatoren innerhalb der nächsten sechs Monate damit beginnen, Unterschriften zur Unterstützung ihres Vorschlags zu sammeln. Sollte die Bürgerinitiative innerhalb eines Jahres eine Million Unterstützungsbekundungen aus mindestens sieben verschiedenen Mitgliedstaaten erhalten, muss die Kommission innerhalb von sechs Monaten reagieren. Die Kommission kann selbst entscheiden, ob sie der Aufforderung nachkommen will oder nicht, sie muss ihre Entscheidung aber in jedem Fall begründen.

Die „Zivilgesellschaftliche Initiative für ein Verbot biometrischer Massenüberwachung“ fordert von der Europäische Kommission, den Einsatz biometrischer Technologien streng zu regeln, um jegliche unzulässige Eingriffe in die Grundrechte zu verhindern. Insbesondere fordert die Initiative die Kommission auf, die unterschiedslose oder stichprobenartige Verwendung biometrischer Daten, die zu einer unrechtmäßigen Massenüberwachung führen kann, in Gesetz und Praxis zu verbieten. Solche in die Privatsphäre eingreifenden Systeme dürfen weder entwickelt noch eingesetzt (auch nicht zu Testzwecken) oder von öffentlichen oder privaten Stellen genutzt werden, da sie zu unnötigen oder unverhältnismäßigen Eingriffen in die Grundrechte der Menschen führen können. Es hat sich gezeigt, dass die Nutzung biometrischer Massenüberwachung in den Mitgliedstaaten und durch EU-Agenturen zu Verstößen gegen das EU-Datenschutzrecht geführt und die Rechte der Menschen, einschließlich ihres Rechts auf Privatsphäre, auf freie Meinungsäußerung, auf Protest und auf Diskriminierungsfreiheit, ungebührlich eingeschränkt hat. Die weitverbreitete Nutzung von biometrischer Überwachung, Profiling und dazugehörigen Prognosen stellt eine Gefahr für die Rechtsstaatlichkeit und unsere wichtigsten Grundfreiheiten dar.

In dieser Europäischen Bürgerinitiative (EBI)  wird die Kommission daher aufgefordert, nachdrücklich einen Rechtsakt vorzuschlagen, der auf den allgemeinen Verboten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und der Richtlinie zum Datenschutz bei der Strafverfolgung (LED) aufbaut und diese uneingeschränkt achtet, um sicherzustellen, dass das EU-Recht die biometrische Massenüberwachung gezielt und ausdrücklich verbietet.

Sie können diese Initiative von Bürgerinnen und Bürgern der EU auf  www.reclaimyourface.eu

mit ihrer Unterschrift unterstützen. Auf der Webseite erhalten Sie auch weitere Informationen zum Thema biometrische Massenüberwachung.