Die aktuelle Studie „Hearing Loss – Numbers and Costs» von Prof. em. Bridget Shield, Brunel University London, beziffert die volkswirtschaftlichen Folgekosten unversorgter Hörminderung in Europa. Das Ergebnis für die EU: 185 Milliarden Euro – pro Jahr. Ursachen sind die eingeschränkte Lebensqualität und daraus resultierende Kosten für die Gesundheitssysteme in Höhe von 130 Milliarden Euro sowie Produktivitätsverluste in Höhe von 55 Milliarden Euro.

Die Zahlen für Deutschland sind gleichfalls beeindruckend: Von 5,8 Millionen Menschen (über 15 Jahre) mit einer beeinträchtigenden Hörminderung tragen lediglich 2 Millionen Hörgeräte. Die jährlichen Kosten des Versorgungsdefizits aufgrund von Produktivitätsverlusten bei betroffenen Personen im Erwerbsalter und gesunkener Lebensqualität belaufen sich auf 39 Milliarden Euro. Pro Person mit unversorgtem Hörverlust sind das 10.300 Euro jährlich.

Die 2019 veröffentlichte Studie knüpft an die erste Untersuchung von Prof. em Shield aus dem Jahr 2006 an und bestätigt den Befund, dass unversorgte Hörschäden nicht nur immense Folgen für die Volkswirtschaft haben, sondern auch für die Gesundheit und das individuelle Wohlbefinden. „Unversorgte Schwerhörigkeit belastet nicht nur die soziale Kommunikation, sondern erhöht auch das Risiko schwerwiegender Folgeerkrankungen wie Depression oder Demenz,» erläutert Dr. Stefan Zimmer, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes der Hörgeräte-Industrie (BVHI).

Berufliche Nachteile für hörgeminderte Menschen

Die Studie „Hearing Loss – Numbers and Costs» kommt weiterhin zu dem Ergebnis, dass Menschen mit einer unversorgten Schwerhörigkeit eher in Berufen mit niedrigerem Anforderungsprofil arbeiten, als (Hör-)Gesunde oder mit Hörsystemen versorgte Arbeitnehmer. Zudem arbeiten jene häufiger in Teilzeit oder sind in Frührente. Gründe für berufliche Nachteile durch eine Hörschwäche sind sowohl funktional als auch persönlich. So haben es Menschen mit einer Hörminderung etwa in Besprechungen oder Telefonkonferenzen deutlich schwerer als ihre Kollegen. Das Pausengespräch in der Kantine ist anstrengend, wenn nicht gar unmöglich. Einen Arbeitstag mit eingeschränktem Gehör zu überstehen ist ermüdend – körperlich und mental.

Schwerhörigkeit verursacht Erschöpfung und Schlafmangel

62 Prozent der schwerhörigen Europäer ohne Hörgeräte fühlen sich nach der Arbeit körperlich erschöpft – unter den Hörgeräteträgern sind es lediglich 39 Prozent. Zu diesem Ergebnis kommt die EuroTrak Studie Deutschland 2018 und ergänzt damit die Befunde von Prof. em. Shield. Die EuroTrak-Studie erhebt Häufigkeit und Folgen selbsteingeschätzter Schwerhörigkeit im europäischen Vergleich. So empfinden 52 Prozent der unversorgten Schwerhörigen nach Feierabend neben körperlicher Erschöpfung auch mentale Ermüdung – gegenüber 31 Prozent der Hörgeräteträger. Dass der Grund hierfür nicht allein in der Arbeit liegt, zeigen die Angaben zur Schlafqualität: 65 Prozent der Hörgeräteträger sind mit ihrer Nachtruhe zufrieden, hingegen nur 43 Prozent der unversorgten Schwerhörigen. „Die Versorgung mit Hörsystemen hilft nicht nur, akustisch wieder mit dem beruflichen und privaten Umfeld in Verbindung zu treten, sondern fördert insgesamt Gesundheit und Wohlbefinden», sagt Dr. Stefan Zimmer.

Quelle: Bundesverband der Hörgeräte-Industrie e.V