„La cuenta, por favor!» – dieser Satz gehört in Spanien zum Alltag. Ob der erste Kaffee des Tages mit „Pan con Tomate», eine Tapa am Nachmittag oder ein geselliges Abendessen – die Gastronomie ist Teil der spanischen Lebensart. Doch was früher eine Selbstverständlichkeit war, sorgt heute oft für Kopfschütteln: Die Preise in Restaurants u. Bars sind vielerorts explodiert. Natürlich haben gestiegene Lebensmittelpreise u. höhere Betriebskosten ihren Anteil daran. Doch während einige Gastronomen fair kalkulieren, scheint es bei anderen, als würden die Preise mit dem Würfelbecher bestimmt. Besonders auffällig ist das bei den Getränken – insbesondere beim Glas Wein. Früher wurde ein Glas Wein großzügig eingeschenkt, heute ist es oft nur ein symbolischer Schluck. Wer nachfragt, ob auf dem Weg vom Tresen zum Tisch etwas verdunstet ist, bekommt meist nur ein trockenes „Nein». Der Preis hingegen spricht eine andere Sprache: Drei bis fünf Euro für ein Glas, das oft nicht einmal 100 Milliliter enthält.

Ein weiteres Problem: Viele Restaurants verzichten mittlerweile auf Getränkekarten. Ohne Mengen- oder Preisangaben u. ohne Information über die Weinauswahl bleibt dem Gast nur blindes Vertrauen – oder Misstrauen. In anderen Ländern wie Deutschland, Frankreich oder Italien ist genau geregelt, welche Mengen ausgeschenkt werden. In Spanien hingegen bleibt es Glückssache, ob das Glas halbvoll oder fast leer serviert wird.

Doch es gibt auch positive Beispiele. Ein Gastronom in Málaga serviert seinen Hauswein – einen soliden Ribera del Duero – für 3,50€ pro Glas. Die Flasche kostet im Handel etwa 7 bis 8€, und das Glas wird fair eingeschenkt. Sein Prinzip? Lieber zufriedene Gäste u. mehr Umsatz durch Menge, anstatt den maximalen Gewinn aus jedem Glas zu pressen. Sein Restaurant ist stets gut besucht – offenbar zahlt sich diese Strategie aus.

Nicht nur bei den Getränken, auch bei den Speisen sorgen manche Preise für Stirnrunzeln. Eine geschnittene Tomate mit Essig u. Olivenöl für 10€? Mit einer gehackten Knoblauchzehe werden plötzlich 12€ daraus. Der Kilopreis für Tomaten liegt im Einkauf zwischen 1 u. 2,50€ – auf dem Teller landet jedoch nur eine einzige Tomate.

Ein weiteres Beispiel: Der klassische gemischte Salat. Oft eine simple Mischung aus Tütensalat mit etwas Tomate, Dosenmais u. Zwiebeln – für stolze 12 bis 14€. Dabei liegen die Zutaten im Einkauf maximal bei 2€. Oder hausgemachte Kroketten: sechs Stück für 16,50€. Früher galt: Wer höhere Preise verlangt, muss auch bessere Qualität bieten. Doch diese Rechnung geht heute oft nicht mehr auf. Viele Stammgäste – besonders Einheimische – meiden inzwischen Lokale, bei denen Preis u. Leistung nicht mehr zusammenpassen. Ein Blick nach Deutschland zeigt, wohin das führen kann. Dort sorgte der Preissprung beim Döner auf 8€ u. mehr für spürbaren Kundenschwund. Viele Imbisse klagen über Umsatzeinbußen, weil Stammgäste nicht mehr regelmäßig kommen. Das gleiche droht in Spanien. Denn Essen gehen ist keine Notwendigkeit, sondern eine Entscheidung. Wer sich überhöhte Preise nicht mehr leisten will oder kann, weicht aus: auf ein Picknick am Strand oder ein selbstgekochtes Essen mit Freunden.

Ja, die Kosten steigen. Doch nicht jeder Gastronom lässt sich davon ausbremsen. Die alte Kaufmannsregel „Im Einkauf liegt der Segen» gilt auch heute. Während einige sich aktiv um gute Preise bemühen, machen es sich andere einfach – u. die Gäste zahlen die Zeche. Viele Restaurants setzen auf den Komfort eines einzigen Großhändlers, der alles liefert. Bequem, aber teuer – u. das schlägt sich direkt auf die Speisekarte nieder. Dabei könnte eine flexiblere Einkaufsstrategie nicht nur die Kosten senken, sondern auch das Angebot attraktiver machen. Wer tagesaktuell auf dem Großmarkt einkauft, kann saisonale Produkte günstiger bekommen. Ein Kilo Tomaten gibt es oft für unter 1€, Gurken für 0,75€, ein Salatkopf kostet kaum mehr als 1€. Wer clever einkauft, kann sparen – u. zugleich frische, saisonale Gerichte anbieten, die Gäste langfristig binden. Das gleiche gilt für Fleisch u. Fisch. Wer nur über teure Zwischenhändler kauft, zahlt drauf. Wer flexibel bleibt u. Tagesangebote nutzt, kann bessere Qualität zu fairen Preisen bieten. Doch viele setzen lieber auf den einfachen Weg – u. der Gast soll es bezahlen.

Letztlich entscheidet der Gast mit seinem Portemonnaie. Wer sich fair behandelt fühlt, kommt wieder. Wer sich abgezockt fühlt, sucht Alternativen. Dann heißt es in manchen Restaurants immer seltener: „La cuenta, por favor!»

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