
Wenn der andalusische Morgen am Hafen anbricht und die ersten Fischkisten über die nassen Planken geschoben werden, beginnt ein Schauspiel, das nicht nur Fischer und Händler in Bewegung versetzt. Auch Küchenchefs gehobener Restaurants an der Costa del Sol, in Cádiz oder Huelva blicken gespannt auf das, was das Meer heute hergibt: exquisite Fische, delikate Krustentiere, überraschende Weichtiere – wahre Schätze, aus denen sich Andalusiens maritime Hochküche speist.

In einer Region, in der kulinarisches Selbstbewusstsein auf jahrhundertealte Tradition trifft, sind es oft die luxuriösen Vorspeisen und raffinierten Fischgerichte, die Gourmets in Verzückung versetzen.
Elegante Klassiker – Feinfisch in Vollendung

Den Auftakt macht der Mero, der Zackenbarsch, dessen festes, weißes Fleisch als Inbegriff mediterraner Noblesse gilt. Traditionell wird er rustikal im Ofen mit Kartoffeln, Zwiebeln und einem Hauch Sherry geschmort – doch gerade in der Sterneküche entfaltet er sein volles Potenzial und inspiriert die Köche zu raffinierten, geschmacklichen Meisterwerken. Zu diesem eleganten Fisch passt ein Glas Viognier aus der Sierra de Málaga besonders gut – fruchtig, mit einer feinen, eleganten Struktur. Alternativ rundet ein junger, leicht gereifter Pedro Ximénez seco mit seiner cremigen Textur den vollen Geschmack perfekt ab.

Ebenso elegant: die Urta a la Roteña, ein kulinarisches Erbe der Hafenstadt Rota. Für diese traditionsreiche Spezialität wird die Urta – ein kräftig-aromatischer Roter Zackenbarsch – mit Tomaten, Paprika, Zwiebeln und Weißwein im Ofen geschmort. Ein gereifter Palomino Fino aus Jerez unterstreicht dabei die süßlich-salzigen Akzente auf ideale Weise. Wer es frischer mag, greift zu einem trockenen Muskateller aus Chipiona.

Ein Geheimtipp für Kenner ist der Borriquete, auch bekannt als Burro – ein Fisch, der vor allem in den Küstengewässern Andalusiens vorkommt, insbesondere in der Bucht von Cádiz. Mit seinem festfleischigen, zart aromatischen Profil kommt er am besten zur Geltung, wenn man ihn schlicht grillt – nur mit etwas Flor de Sal und ein paar Spritzern Zitronensaft. In Restaurants zwischen Tarifa und Nerja gilt er als stille Delikatesse: unprätentiös, ehrlich und geschmacklich tief verankert in der regionalen Küche. Dazu passt hervorragend ein junger, mineralischer Weißwein aus der Tierra de Cádiz – etwa ein Palomino blanco aus Chiclana oder ein frischer Moscatel seco von der Küste. Alternativ begleitet ein gut gekühltes Glas Manzanilla aus Sanlúcar den Borriquete mit feiner Salznote und einem Hauch Meeresbrise.

Ebenso subtil im Ausdruck, aber modern interpretiert, kommt der Corvina – Meerrabe auf den Teller – gerne roh, als Ceviche mit Mango und Limette oder als feines Tatar. Besonders in der neuen andalusischen Küche ein beliebter Star unter den Vorspeisen. Ein Glas Verdejo mit Zitrusnoten unterstreicht das Spiel aus Süße und Säure. Ein alternatives Pairing: ein spritziger Cava rosado für einen sommerlich-frischen Twist.

Ein aristokratischer Vertreter ist der Pez de San Pedro, der St. Petersfisch. Gerne wird er auf einer feinen Kräutersauce serviert – etwa mit Estragon, Petersilie und einem Hauch Zitrone –, was seine elegante Textur unterstreicht. In Cádiz und in den Restaurants von Málaga avanciert er so zur Showbühne für exklusive Fischkunst. Seine samtige Textur verlangt nach einem weißen Garnacha oder einem Glas Amontillado – je nach Ausrichtung des Gerichts. Auch ein cremiger Viura aus Rioja Alta kann hier brillieren.
Tradition, Tiefe und Regionalstolz

Kein andalusischer Fischtext ohne Boquerones – die Sardelle als Archetyp der Küstenküche. Ob in Essig mariniert oder knusprig frittiert: In Málaga nennt man seine Bewohner liebevoll „Boquerones“ – eine Hommage an die Allgegenwärtigkeit dieser kleinen Delikatesse. Auch als feiner Auftakt eines Menüs nicht zu unterschätzen – besonders mit einem Glas spritzigem Manzanilla aus Sanlúcar. Alternativ: Ein Glas frischer Txakoli verleiht dem Gericht eine baskisch-andalusische Note.

Exklusiver, und oft festlich serviert, ist der Besugo, Rote Fleckbrasse. In Almuñécar und Motril zelebriert man ihn im Ofen mit Weißwein, Knoblauch und Zitrone. Seine zarte Struktur und der feine Eigengeschmack harmonieren perfekt mit einem gereiften Chardonnay aus dem Süden Spaniens. Ein eleganter Cava Gran Reserva hebt den festlichen Charakter zusätzlich hervor.

Ein weiteres Highlight: Pargo a la sal – der in Salzkruste gegarte Snapper. In chiringuitos der Costa de la Luz wird er zelebriert wie ein kulinarisches Kunstwerk – saftig, duftend, spektakulär am Tisch aufgebrochen. Dazu passt ein junger, mineralischer Albariño aus Galicien, der mit der jodigen Note des Fisches spielt. Ein Glas Fino en rama aus Jerez intensiviert den maritimen Eindruck.

Zum Schluss der Fischrubrik: die Salmonete, die Rotbarbe. Ihr intensives Aroma macht sie zum Liebling anspruchsvoller Küchenchefs. Ob paniert oder als Filet in Olivenöl confiert – sie ist stets ein Statement. Ein Glas Godello oder gar ein Orange Wine aus Andalusien ergänzt diesen Charakterfisch formvollendet. Ergänzend: ein naturbelassener Garnacha blanca mit leicht oxidativer Note.
Meeresfrüchte mit Charakter – Delikatessen der Tiefe

Wer über Luxus im andalusischen Meer spricht, kommt an Carabineros nicht vorbei. Diese tiefroten Riesen-Garnelen, oft nur leicht gegrillt, sind nicht weniger als das rote Gold der Tiefsee. Der aromatische Kopf wird in Fonds verarbeitet, das Fleisch solo zelebriert – gerne mit einem Glas gereiften weißen Rioja oder einem feinherben PX. Alternativ sorgt ein mineralischer Champagne für die elegante Bühne.

Nicht minder begehrt sind Cigalas – der Kaisergranat. Ob gegrillt oder in einem andalusisch-katalanischen Eintopf, sie bringen eine elegante Süße mit. Ihr idealer Begleiter: ein junger, frischer Listán Blanco von den Kanaren – ein exotischer Kontrapunkt. Auch ein fruchtiger Godello mit Schmelz passt hervorragend.

Mit einer maritimen Direktheit punkten die Navajas, die Schwertmuscheln. Knusprig angegrillt mit Knoblauch und Petersilie, gelten sie als Klassiker an der Küste von Cádiz. Serviert mit Weißbrot und einem Glas spritzigem Txakoli – einfach, aber edel. Eine frische Rueda-Interpretation bringt zusätzliche Frische ins Spiel.

Feiner, aber ähnlich beliebt, sind die Coquinas – Tellmuscheln mit Sherry und Knoblauch in der Pfanne geschwenkt. Ihre Leichtigkeit schreit nach einem Glas Montilla-Moriles – trocken, floral, subtil. Auch ein mineralischer Sauvignon blanc mit feiner Kräuterwürze begleitet sie stimmig.

Ein festliches Vergnügen sind Vieiras a la plancha – Jakobsmuscheln, leicht auf der heißen Platte angebraten und zum Beispiel mit einem Hauch Zitronenbutter serviert. In gehobenen Küchen Andalusiens werden sie gern mit Erbsenpüree oder feinen Safrankrümeln kombiniert. Ein Glas gereifter Godello aus Galicien oder ein feinperliger Brut Rosé aus Katalonien begleitet das Gericht mit nobler Zurückhaltung.

Austern aus der Bucht von Cádiz – frisch geöffnet, auf Eis serviert – gehören zu den edelsten Genüssen des Südens. Ihre klare, mineralische Note wirkt wie ein Konzentrat des Atlantiks. Klassisch begleitet von einem kühlen Fino oder einem trockenen Cava Brut Nature. Wer es regionaler mag, wählt einen andalusischen Palomino blanco mit maritimer Frische.

Arroz con Bogavante, ein klassisches Meeresfrüchtereisgericht aus Andalusien, begeistert mit seinem intensiven Aroma und der saftigen Konsistenz. Anders als die oft trockenere Paella wird der Reis hier in einer aromatischen Brühe gekocht, die den Geschmack des frischen Hummers und weiterer Meeresfrüchte besonders schön hervorhebt. Das zarte, süße Fleisch des Bogavante verleiht dem Gericht eine edle Note, die durch ein Glas trockene Malvasía wunderbar ergänzt wird. Alternativ passt ein junger Treixadura aus Galicien mit feiner Fruchtigkeit und lebendiger Säure hervorragend dazu.

Natürlich darf der Pulpo nicht fehlen – als Pulpo a la brasa mit Paprikaöl oder Pulpo a la Gallega mit gewürzten Kartoffeln. Sein fleischiger Biss verlangt nach Struktur im Glas: Ein Rosado aus Garnacha oder ein junger Rotwein mit Frische sind hier ideal. Auch ein gut gekühlter Bobal rosado bringt die rauchigen Aromen des Pulpo exzellent zur Geltung.
Ein Fest für die Sinne – Andalusien von seiner salzigen Seite

„Schätze aus dem Meer Andalusiens“ ist mehr als eine Sammlung edler Zutaten – es ist ein kulinarisches Panorama, das regionale Identität, saisonale Frische und kreative Spitzenküche vereint. Von traditionell bis innovativ, von einfach bis extravagant: Wer Andalusien mit Messer und Gabel entdeckt, beginnt am besten am Meer.
Buen provecho – guten Appetit
Text – Cesar Certier – Spanien aktuell ©