Viele haben über Weihnachten richtig geschlemmt, mal fünfe gerade sein lassen u. sich zum Weihnachtsbraten auch übermäßig mit Plätzchen, Schokolade u. Co. vollgestopft, denn Weihnachten ist ja nur einmal im Jahr. Wenn übermäßiger Zuckerkonsum nur einmal im Jahr wäre, gäbe es daran auch nichts auszusetzen, dem ist aber nicht so, denn Weihnachten ist jeden Tag! Unsere hochverarbeiteten Lebensmittel u. Getränke sind leider mit zu viel Zucker belastet, den uns die Industrie täglich mit Genuss anbietet, u. das teilweise bis der Arzt kommt.

Zucker an sich ist ja nicht ungesund, aber die Menge macht das Übel, u. es gibt viele Namen, die sich auf den Packungen der Lebensmittel wiederfinden: Isoglucose, Agavendicksaft, Dextrin, Xylit, Sorbit, Galaktose, Maltit, Fructose, um nur einige zu nennen. Ich bin auf 55 verschiedene Bezeichnungen für Zucker in Lebensmitteln u. Getränken gestoßen. Das Ergebnis ist, dass wir den Geschmack des Zuckers inzwischen so sehr lieben, dass wir es als Zumutung empfinden, wenn uns jemand vorschlägt, doch einmal ein Weilchen ohne Zucker zu leben. Wir verhalten uns also im Grunde wie echte Junkies. Der Lebensmittelindustrie kann unsere Sucht nach Zucker nur recht sein, wenn wir immer mehr Zucker essen möchten, weil wir dann auch immer mehr Produkte kaufen. Natürlich belastet es die Lebensmittelindustrie so gut wie gar nicht, wenn wir dabei kugelrund u. krank werden.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, dass die tägliche Zuckeraufnahme nicht mehr als zehn Prozent der benötigten Kalorienmenge ausmachen sollte. Diese Empfehlung gilt für Kinder u. Erwachsene. Für Erwachsene entspricht das etwa einer Zuckerdosis von bis zu 50 Gramm am Tag. Für Kinder ist der Wert entsprechend geringer. Doch in Deutschland ist der tägliche Verzehr wesentlich höher. Laut Statista liegt er bei rund 95 Gramm pro Tag. In den Jahren 2021/22 haben die Deutschen pro Kopf etwa 34,8 Kilogramm Zucker zu sich genommen.

Ein großes Problem stellen nach Ansicht von Experten zuckerhaltige Getränke wie Softdrinks dar. Denn aufgrund des zugesetzten Zuckers liefern gesüßte Getränke jede Menge Energie, oft aber kaum Nährstoffe. Verbraucherschützer, Ärzte u. Ernährungswissenschaftler setzen sich schon seit Längerem für eine Zuckersteuer in Deutschland ein. Vergleichbare Sondersteuern auf süße Getränke gibt es seit einigen Jahren bereits in Irland, Portugal, Estland, Belgien, Norwegen, Mexiko, Südafrika und Frankreich. Auch Großbritannien hat eine solche Abgabe 2018 eingeführt. Dort hat die Zuckersteuer dazu geführt, dass der durchschnittliche Zuckergehalt in den britischen Getränken um 30 Prozent gesunken ist, dass sich der Konsum stark gezuckerter Getränke halbiert hat u. gleichzeitig der Konsum von Wasser sowie zuckerarmen Getränken um 40 Prozent gestiegen ist. Die ehemalige Ernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) lehnte eine Steuer für zuckerhaltige Limonaden 2018 ab. Ihre Argumente: Das Thema Fehlernährung könne man damit nicht in den Griff bekommen. Außerdem sei die Besteuerung eines einzigen Lebensmittels nicht zielführend. Das Ministerium setzt stattdessen auf die Freiwilligkeit der Industrie u. Bildungsangebote zum Thema gesunde Ernährung. Bis heute hat sich an dieser Haltung nichts geändert. Im April 2023 erteilt die Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage hin einer Zuckersteuer eine klare Absage.

Mit der Verfügbarkeit von Zucker steigt weltweit der Anteil an Menschen mit Übergewicht u. schwerem Übergewicht (Adipositas). In Deutschland haben etwa zwei Drittel der Männer u. knapp die Hälfte der Frauen ein zu hohes Körpergewicht, knapp ein Viertel sind adipös. Die Weltgesundheitsorganisation warnt sogar bereits vor einer weltweiten Epidemie. Die Wissenschaft ist sich weitgehend einig: Ein übermäßiger Verzehr von Zucker kann der Auslöser zahlreicher Krankheiten sein. Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs u. Karies gehören dazu. Zucker steht auch im Verdacht, Alzheimer u. Parkinson zu begünstigen. Weltweit leben derzeit mehr als eine halbe Milliarde Männer, Frauen u. Kinder mit Diabetes. Diese Zahl wird sich laut einer neuen Studie bis 2050 auf 1,3 Milliarden Betroffene mehr als verdoppeln. In allen Ländern der Welt werde die Diabetesrate in den nächsten 30 Jahren ansteigen, wenn nichts unternommen werde, heißt es in der Studie, die in der medizinischen Fachzeitschrift „The Lancet» veröffentlicht wurde. Die ernährungsbedingten Krankheiten durch zu viel Zucker kosten nicht nur Milliarden, sondern führen auch zu großem persönlichen Leid. Es ist an der Zeit, bewusster mit unserem Zuckerkonsum umzugehen u. die Auswirkungen auf unsere Gesundheit in den Fokus zu nehmen u. sich nicht von der Industrie weiterhin ungewollt mit Zucker vollstopfen zu lassen.