Von Dr. Burckhardt Löber
und Dr. Alexander Steinmetz

Grenzüberschreitende Erbfälle zeichnen sich zumeist durch einen besonderen Schwierigkeitsgrad aus. Die Probleme ergeben sich in aller Deutlichkeit aus den nachfolgenden Fragestellungen: 

 

  • Wie weist der Erbe gegenüber der Bank sein Erbrecht nach?
  • Genügt ein eigenhändiges Testament oder muss dieses notariell sein?
  • Wird ein deutscher Erbschein von der spanischen Bank anerkannt?
  • Oder ist neuerdings die Vorlage eines Europäischen Nachlasszeugnisses erforderlich?
  • Welches Erbrecht ist im Einzelfall anwendbar, das deutsche oder das spanische?
  • Sind die Erbschaftsteuern an das deutsche Finanzamt oder an die spanische Hacienda zu zahlen oder gar an beide?
  • Welche Fristen gelten für die Zahlung der Erbschaftsteuer?
  • Was kann der Erblasser tun, um einen möglichst reibungslosen Übergang auf seinen Rechtsnachfolger, den Erben, in die Wege zu leiten?
  • Muss der Erbe ein eigenes Konto eröffnen oder kann er das Erblasserkonto fortführen?

 

Auf alle Fragen kann im Rahmen dieses Kurzbeitrags nicht eingegangen werden. Sie spielen jedoch bei der Einzelfallberatung eine große Rolle. Es soll jedoch anhand der beiden nachstehenden Musterbeispiele aufgezeigt werden, welcher Fiskus das Besteuerungsrecht über die Erbschaft besitzt und wie man als Erbe zweckmäßig verfährt. 

  1. Fall:

Ein Deutscher mit ständigem Aufenthalt und alleinigem Wohnsitz in Deutschland unterhält ein Girokonto bei einer Sparkasse in Deutschland und auch ein Sparkonto bei einer Bank in Spanien. Er verstirbt in Deutschland und hat privatschriftlich seinen Sohn als Erben eingesetzt. Das Testament ist vom zuständigen deutschen Amtsgericht eröffnet worden. Hierüber liegt ein Protokoll vor. 

Es ergeben sich folgende Fragen: 

  1. A) Die deutsche Sparkasse verlangt außer der Vorlage des privatschriftlichen Testaments und des Eröffnungsprotokolls die Vorlage eines Erbscheins und beruft sich hierbei auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Ist dies zulässig?
  2. B) Welche Guthaben hat der Erbe wo zu versteuern? 

Zu A.1): Ein Erbschein ist trotz entgegenlautender Bestimmungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkasse dann nicht erforderlich, wenn sich aus einem eigenhändigen, durch das Nachlassgericht eröffneten Testament die Erbfolge mit der im Rechtsverkehr erforderlichen Eindeutigkeit ergibt und keine ernsthaften Zweifel an der Erbenstellung bestehen. In diesen Fällen, so hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 5. April 2016 entschieden, kann der Erbe sein Erbrecht allein durch Vorlage des Testaments nebst Eröffnungsprotokoll nachweisen. 

Zu B.1) Im Hinblick auf die Ansässigkeit des Erblassers und des Erben in Deutschland unterliegt der Nachlass der deutschen Erbschaftbesteuerung. Die deutsche Erbschaftbesteuerung bezieht sich nicht nur auf das in Deutschland befindliche Nachlasskonto bei der Sparkasse sondern auch auf das in Spanien befindliche Sparkonto. Diese Folge wird aus § 2 des Erbschaftsteuergesetzes hergeleitet. Danach unterliegt der unbeschränkten Steuerpflicht das „Welterbe“.

Zu B.2) Das spanische Bankkonto unterliegt jedoch auch der spanischen Erbschaftbesteuerung. Es handelt sich hierbei um einen Vermögensgegenstand, der seiner Rechtsnatur nach innerhalb des spanischen Staatsgebietes vom Erben gegen die spanische „Erblasserbank“ geltend zu machen ist. Dies ergibt sich aus § 7 des spanischen Erbschaftsteuergesetzes, wonach der Erbe hinsichtlich des spanischen Bankvermögens in Spanien beschränkt steuerpflichtig ist. 

Dieser Fall war auch Gegenstand eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 12.02.2009 (Az: C-67/08), wonach sowohl Spanien als auch Deutschland erbschaftsteuerberechtigt sind, ohne dass die Anrechnung der im anderen Staat bezahlten Erbschaftsteuer stattfindet. Der Europäische Gerichtshof war sich der Konfliktsituation bei seiner Urteilsfindung bewusst. Danach erhebt Deutschland auf Kapitalforderungen dann deutsche Erbschaftsteuer, wenn der Erbe seinen Wohnsitz in Deutschland hat, auch wenn sich das Bankguthaben im Ausland, z.B. in Spanien befindet. Spanien ist mithin aufgrund seiner Steuergesetzgebung befugt, die spanische Erbschaftsteuer dann zu erheben, wenn sich das Bankguthaben in Spanien befindet. 

Der Gerichtshof stellte weiterhin fest, dass das Gemeinschaftsrecht aktuell den Mitgliedsstaaten keine allgemeinen Vorschriften für die Kompetenzverteilung zwecks Beseitigung der Doppelbesteuerung macht. Nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs sind die Mitgliedsstaaten aktuell „nicht verpflichtet, ihr eigenes Steuersystem den verschiedenen Steuersystemen der anderen Mitgliedsstaaten anzupassen, um eine parallele Ausübung ihrer Steuerungsbefugnisse und die sich hieraus ergebende Doppelbesteuerung zu beseitigen“.

Als Ergebnis ist festzuhalten, dass hier der unschöne Fall vorliegt, dass beide Staaten denselben erbrechtlichen Sachverhalt jeweils besteuern, ohne die im anderen Staat bezahlten Steuern anzurechnen. 

 

  1. Fall:
  2. Ein Deutscher mit ständigem Aufenthalt in Spanien und ohne Wohnsitz in Deutschland unterhält ein Sparkonto in Deutschland und ein Girokonto in Spanien. 
  3. Welche Guthaben hat sein Alleinerbe, sein gleichfalls in Spanien ansässiger Sohn, wo zu versteuern. 
  4. Hat der deutsche Fiskus ein Besteuerungsrecht an dem Bankguthaben des Erblassers in Deutschland?

Zu A.1): Der Erbe ist im Hinblick auf seine Ansässigkeit in Spanien und das in Spanien belegene Bankvermögen unbeschränkt erbschaftsteuerpflichtig. 

Zu A.2): Als in Spanien unbeschränkt Steuerpflichtiger ist der Sohn auch hinsichtlich des Weltnachlassvermögens, das er durch die Erbschaft erhält, erbschaftsteuerpflichtig. Dies ergibt sich aus Art. 3 des spanischen Erbschaftsteuergesetzes. Damit ist das bei dem deutschen Bankvermögen geführte Nachlassguthaben in Spanien mit der Erbschaftsteuer zu versteuern.

Zu B): Eine Steuerpflicht in Deutschland für das in Deutschland befindliche Girokonto besteht hingegen nicht, da der spanische Erbe nur mit dem Inlandsvermögen im Sinne des § 121 BewG steuerpflichtig ist. Forderungen sind nur dann Inlandsvermögen im Sinne des § 121 BewG, wenn sie durch inländischen Grundbesitz, inländische grundstücksgleiche Rechte oder Schiffe, die in ein inländisches Schiffsregister eingetragen sind, gesichert sind. Dies ist bei einem klassischen Sparkonto nicht der Fall. Aus deutscher Sicht befindet sich das bei der deutschen Bank für den Erblasser geführte Konto somit steuerlich nicht im Inland und unterliegt nicht der beschränkten Steuerpflicht.

 

Quintessenz: Bei Erbfällen mit steuerlicher Ansässigkeit des Erblassers und des Erben in Deutschland (Fall 1) und Guthaben auf spanischen Konten findet eine Doppelbesteuerung statt, ohne dass die in einem Staat bezahlten Steuern im anderen Staat angerechnet werden. Hierauf sollten schlaue Erblasser im Interesse ihrer Erben achten und entsprechende Vorsorge treffen. Wir stellen als Anwälte immer wieder fest, dass sich Banken, ob es sich nun um Banken in Deutschland oder in Spanien handelt, in Nachlassangelegenheiten viel Zeit nehmen und häufig nur schwer beibringbare Nachweise und Unterlagen verlangt werden. Wir haben in vielen Fällen der vorbezeichneten Art festgestellt, dass Anwaltsschreiben die Geschwindigkeit der Bearbeitung in den zuständigen Bankabteilungen ungemein erhöhen.

 

Die Autoren dieses Beitrags sind Rechtsanwälte der Löber Steinmetz & García

Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, Frankfurt am Main und Köln.

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