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Brüssel pocht weiter auf Fang des bedrohten und geschützten Makohais

Vor dem Beginn der Jahrestagung der Fischerei-Konvention ICCAT (International Commission for the Conservation of Atlantic Tunas) im November 20221 zeigte ein Rechtsgutachten, dass die Verhandlungsposition der Europäischen Union gegen das Fischereirecht der Vereinten Nationen verstößt. Das Gutachten bestätigt die Kritik der Artenschutzorganisationen Sharkproject und Pro Wildlife, die ein sofortiges Anlandeverbot für den Makohai im Nordatlantik fordern. Über die Zukunft des Makohais verhandelt die (digitale) ICCAT-Tagung vom 15. bis 23. November.

Juristen der Universitäten Leeds Beckett, Hamburg und Oxford kommen in ihrem Rechtsgutachten zu dem Schluss, dass die Blockadehaltung der EU gegen ein Anlandeverbot für den Makohai (d.h. kein Einbringen gefangener Tiere in den Hafen) dem Vorsorgeprinzip des UN-Abkommens zu Fischbeständen widerspricht*. Denn bereits seit 2017 empfiehlt das ICCAT-Wissenschaftsgremium einen vollständigen und sofortigen Anlandestopp für Makohaie aus dem Nordatlantik. Nur dann, so die ICCAT-Wissenschaftler, hat der völlig überfischte Bestand des Makos eine wirkliche Chance, sich in den nächsten 50 Jahren zu erholen.

„Dennoch ignoriert die Fischereiabteilung der EU (DG MARE) den Rat der Wissenschaft und will den Fischereien die Fortsetzung ihres lukrativen Mako-Geschäfts ermöglichen», kritisiert Dr. Iris Ziegler von Sharkproject. In der EU wird Makohai als willkommener Beifang der Langleinenfischerei auf Thunfisch, Schwertfisch und Blauhai gefangen und Fleisch sowie Flossen vermarktet.

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2019 wurden Makohaie, unter anderem auf Initiative der EU und ihrer Artenschutzbehörden, in den Anhang II des weltweiten Artenschutzabkommens CITES („Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora») aufgenommen. Seither ist internationaler Handel mit Makohaien nur erlaubt, wenn der Fang nachweislich nicht das Überleben der Art gefährdet. Da dieser Nachweis vor allem für den Nordatlantik nicht möglich ist, hat die EU-Artenschutzabteilung DG ENVI ab dem 1. Januar 2021 als Konsequenz einen Anlandestopp aus internationalen Gewässern beschlossen. DG MARE hingegen ignoriert diese Artenschutzentscheidung, setzte eigenmächtig Mitte Januar eine Anlandequote für die EU-Flotte fest und will offenbar auf der kommenden ICCAT-Tagung erneut einen Fangstopp durch komplexe und nicht umsetzbare Regelungen de facto verhindern. Spanien und Portugal gehören zu den größten Haifangnationen der Welt: 2020 fingen die beiden Länder 1.200 Tonnen Makohaie allein im Nordatlantik.

Makohaie sind auf der Internationalen Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN seit 2019 als stark gefährdet (Endangered) eingestuft, der Bestand im Mittelmeer gar als akut vom Aussterben bedroht (Critically Endangered). In einer gemeinsamen Beschwerde wandten sich Sharkproject und Pro Wildlife an EU-Vize Präsident Frans Timmermans, der für die EU-Biodiversitätsstrategie und den European Green Deal zuständig ist. „Wie will die EU glaubwürdig eine führende Rolle im globalen Artenschutz beanspruchen, wenn sie bei den Makohai-Verhandlungen als erstem Praxistest so kläglich versagt?» so Dr. Sandra Altherr von Pro Wildlife abschließend.

* Dem Rechtsgutachten zufolge ist auch der diesjährige Vorschlag der EU aufgrund der extrem langen Zeit für den Wiederaufbau und den daraus resultierenden Unabwägbarkeiten auf Erfolg nicht mit dem Vorsichtsprinzip vereinbar. Die vorgeschlagene Berechnungsmethode zur fortgesetzten Anlandung einer noch zu definierenden Menge an Beifang ist nach Ansicht der Autoren ein weiterer Grund hierfür da sich die Berechnung auf Daten stützt, die bisher nicht bzw. nur vollkommen unzureichend existieren. Sie empfehlen daher zumindest bis 2035, noch besser bis 2045 (dem frühesten Zeitpunkt einer möglichen Bestandserholung) ein Anlandeverbot einzuführen. Das Rechtsgutachten wurde von Sustainable Fisheries and Communities Trust (SFACT) in Auftrag gegeben.

Weitere Infos:  Link zum Gutachten: https://bit.ly/3C4aggH

Quelle: Brüssel/Zürich/München pts030/12