Spanien boomt – das ganze Jahr über strömen Touristen ins Land. Sie reisen mit dem Flugzeug, dem Auto oder dem Wohnmobil, bringen Geld in die Kassen und sorgen für Steuereinnahmen. Doch nicht alle Urlauber werden gleichermaßen willkommen geheißen – insbesondere Wohnmobilreisende sind oft unerwünscht.
Die wenigen legalen Stell- und Campingplätze reichen längst nicht aus, um die wachsende Nachfrage zu decken. Zwar sind in den letzten Jahren einige hinzugekommen, doch das reicht bei weitem nicht. Statt Lösungen zu suchen, überfluten reißerische Schlagzeilen die Medien: „Camper-Chaos an der Costa Blanca!“, „Wohnmobile im Naturpark!“, „Anwohner beklagen Müll und Lärm!“
Dabei sind Wohnmobile kein neues Phänomen. Schon vor 30 Jahren erkundeten Reisende Spanien auf vier Rädern. Doch seit der Pandemie hat sich die Zahl der Fahrzeuge vervielfacht – 2024 zählte man rund 500.000, vom günstigen Kastenwagen bis hin zu Luxusmobilen. Trotzdem hält sich hartnäckig das Klischee vom geizigen Camper, der nur im Fahrzeug kocht, Restaurants meidet und keinen Cent ausgibt.
Ich bin oft in Andalusien unterwegs und kann aus eigener Erfahrung sagen: Das ist schlichtweg falsch. Wohnmobilreisende tragen aktiv zur lokalen Wirtschaft bei – sie kaufen Lebensmittel, besuchen Restaurants und Cafés, lassen sich beim Friseur verwöhnen oder benötigen Werkstätten. Doch anstatt dieses Potenzial zu nutzen, bleiben viele Gemeinden untätig oder treffen Entscheidungen, die das Problem nur verschärfen. In Torre del Mar etwa musste ein Campingplatz ersatzlos einem Wohnblockprojekt weichen. Die neuen Wohnungen werden wohl auf Plattformen wie Airbnb landen und zu überteuerten Ferienunterkünften werden.
Mit der wachsenden Zahl an Wohnmobilen greifen viele Kommunen nun lieber zum Verbots-Hammer: „Parken verboten!“, „Einfahrt verboten!“ – auch auf Flächen, auf denen jedes andere Fahrzeug abgestellt werden darf. Bequem und lukrativ zugleich: Keine Investitionen, aber satte Strafzettel. Dabei wird übersehen, dass Wohnmobilreisende keine mittellosen Nomaden sind. Allein im Jahr 2024 waren es schätzungsweise eine Million Reisende – wenn man davon ausgeht, dass in Wohnmobilen durchschnittlich zwei Personen unterwegs sind. Und die Zahl der Fahrzeuge wird in den kommenden Jahren weiter steigen. Ein enormes Potenzial, das vielerorts ignoriert wird, während andere Länder längst gezielt in die nötige Infrastruktur investieren.
Ein Beispiel, wie man das Potenzial geschäftlich nutzen kann, zeigt ein Bäcker in Torremolinos. Jeden Morgen fährt er hupend mit seinem Lieferwagen über eine große, legale Parkfläche am Meer, auf der Wohnmobile stehen. Seine Geschäftsidee? Frische Brötchen und Backwaren direkt an die Wohnmobile zu liefern – eine clevere Strategie, die seinen Betrieb am Leben hält. Denn gegen die Dumpingpreise der Discounter hat er im Laden keine Chance. Übrigens: Der Platz? ‚Pico bello‘. Vermüllte Stellplätze? Hat er in all den Jahren nie gesehen.
Ein weiteres Beispiel zeigt sich in Mijas Costa, wo ein riesiger Parkplatz an der Autobahn von Wohnmobilen legal genutzt wird – allerdings ohne Infrastruktur. Ein Vorschlag, dort Strom- und Entsorgungsmöglichkeiten einzurichten, wurde leider abgelehnt.
In Alhama de Granada, einer charmanten Kleinstadt 80 Kilometer von Málaga entfernt, setzt man hingegen gezielt auf den Wohnmobil-Tourismus. Mit ihrer spektakulären Schlucht, historischen Bauten und vielfältigen Gastronomie ist sie ein reizvolles Reiseziel. Besonders das „El Ventorro“, ein Restaurant mit arabischem Bad und Höhlenzimmern, zieht viele Gäste an.
Bis etwa 2010 war Alhama noch ein Geheimtipp. Doch dann ergriff der Stadtrat die Initiative zur touristischen Entwicklung – mit Erfolg. Die Fiesta del Vino, die jedes Jahr im Februar stattfindet, wurde gezielt beworben. Wohnmobilreisende wurden explizit eingeladen und erhielten kostenfreie Stellplätze. Schon 2012 rollten 150 Wohnmobile an, 2024 waren es über 300.
Ich sprach mit Álvaro, dem Stadtrat für Festlichkeiten, und fragte, ob Wohnmobilisten auch außerhalb der Fiesta willkommen sind. Seine Antwort: „Natürlich! Sie sind eine Bereicherung für die Stadt – das ganze Jahr über.“ Kein Ärger mit Umweltverschmutzung oder Lärmbelästigung, sondern ein Konzept, von dem alle profitieren.
Heute ist Alhama de Granada das ganze Jahr über ein Ziel für Wanderer, Geschichtsinteressierte, Feinschmecker – und Wohnmobilreisende. Statt Wohnmobilisten mit Verboten und Strafzetteln zu vergraulen, sollten Städte kreative Lösungen finden, um sie willkommen zu heißen. Not macht erfinderisch – und in Alhama de Granada hat sich dieser Ansatz bewährt. Ein Modell, dem viele andere Städte folgen sollten.